Cultural Fit in der bisherigen Praxis
Der Cultural Fit im Auswahlprozess ist vielen Unternehmen ein wichtiges Anliegen. Denn er kann die Gewinnung von Arbeitkräften, ihre Arbeitszufriedenheit und damit auch ihre Verweildauer im Unternehmen positiv beeinflussen. Die Entstehung von Konflikten aufgrund von unterschiedlichen Wertvorstellungen kann vermieden werden.
Fehlende kulturelle Passung birgt Konfliktpotenzial
Ein Jungmanager, der selbstverantwortlich arbeiten möchte, trifft auf ein hierarchieorientiertes Unternehmen, bei dem die „alten Hasen“ in der Führungsriege die Entscheidungen treffen. Eine erfahrene Führungskraft würde bei Konflikten das Gespräch suchen, hat aber in der Organisation eher mit Machtrangeleien und einer Ellenbogenmentalität zu kämpfen. Derartige Kombinationen funktionieren im Arbeitsalltag häufig nicht, weil die gelebten Werte, Vorstellungen und Überzeugungen und damit auch das Handeln zu weit voneinander entfernt sind. Es stimmt der Cultural Fit nicht.
Die Unternehmenskultur wird meist nicht bewusst wahrgenommen. Sie zeigt sich erst im konkreten Handeln und Entscheiden. Besteht eine hohe Diskrepanz zwischen den von verschiedenen Personen gelebten Werten, kommt es zu Inkompatibilitäten bei den Arbeitsweisen und Erwartungen sowie zu Widerständen und Konflikten, die beispielsweise bis zur (inneren) Kündigung führen können.
Wie wurde die kulturelle Passung bisher erfasst?
Ob ein Bewerber zu einer Organisation passt, war für viele Personal- oder Führungskräfte bisher eher eine Frage des Bauchgefühls. Dies ist problematisch, weil ein Bauchgefühl grundsätzlich subjektiv und intuitiv ist, sowohl hinsichtlich dessen, was wahrgenommen wird, als auch hinsichtlich der Bewertung des Wahrgenommenen.
Auch ist eine intuitive Beurteilung weder überprüfbar noch vollständig, denn sie gründet sich nur auf das, was in der Bewerbungssituation selbst zu erkennen ist. Kommt der Bewerber zum Beispiel aus der gleichen Region oder der gleichen Branche, wird der Personaler intuitiv eine gewisse Verbundenheit spüren und den Bewerber positiver einstufen. Der Sympathieeffekt verzerrt den Blick auf die Passung der Kulturen.
Das Bauchgefühl sagt auch wenig über die künftige Leistung eines Mitarbeiters aus. Problematisch ist außerdem, dass intuitiv nur mit den bekannten, den verinnerlichten Anforderungen verglichen wird. Neue und zukünftige Anforderungen werden nicht berücksichtigt. Gerade in der heutigen Zeit ist es aber immens wichtig die Auswahl der Mitarbeiter an den zukünftigen Anforderungen auszurichten und so die Passung auf gewünschte Kulturveränderungen abzustimmen.
Mitglieder der alten Kultur sind häufig damit überfordert zu erkennen, wie ein optimaler Vertreter der Zukunftskultur aussehen sollte. Gerade hier ist das Bauchgefühl überhaupt nicht hilfreich, es müssen professionelle Beurteilungsinstrumente zum Einsatz kommen.
Wie Unternehmen und Bewerber vom Cultural Fit profitieren
Über viele Jahre hinweg beurteilte man Bewerber im Einstellungsverfahren vor allem danach, welche fachlichen Kompetenzen sie mitbringen. Bei Führungskräften wurde zudem ein Augenmerk auf die sozialen Fähigkeiten gelegt.
Einer Studie einer Talentmanagementberatung zufolge sind immer mehr Unternehmen daran interessiert, dass die Bewerber auch im Hinblick auf Einstellungen und Werte zu ihnen passen (Cubiks 2013). Dahinter steckt folgender richtiger Gedanke: Wenn es eine hohe kulturelle Passung gibt, akklimatisieren sich neue Mitarbeiter schneller und bleiben dem Unternehmen tendenziell länger erhalten. Der Einklang der persönlichen Werte mit den Zielen der Organisation führt zu einer höheren Identifikation mit dem Unternehmen und dies geht mit einer höheren Arbeitszufriedenheit und Verbundenheit mit dem Arbeitgeber einher. In Zeiten des Fachkräftemangels ist dies ein wichtiger Treiber für den Cultural Fit.
Es gibt noch einen weiteren Grund für die große Bedeutung des Cultural Fit: Ein sich immer stärker entwickelnder Arbeitnehmermarkt führt dazu, dass Bewerber zwischen Jobangeboten wählen können. Vor diesem Hintergrund bekommen die gelebten Werte eines Unternehmens einen höheren Stellenwert. Nicht nur gefragte Topabsolventen, sondern auch die Vertreter der jungen Generation erwarten eine Kultur, die mit ihren Überzeugungen übereinstimmt und in der sie ihre Fähigkeiten und Potenziale voll entfalten können. Wenn sie nicht das für sie passende Umfeld erleben, werden sie dem Unternehmen schnell wieder den Rücken kehren.
Wenn der erste Eindruck trügt und die Folgen für das Unternehmen
Trotz des vielen Zuspruchs, den der Cultural Fit findet, bemüht sich nur rund ein Drittel der Firmen darum, diesen auch zu messen – so ein weiteres Ergebnis der Studie (Cubiks 2013). Woran liegt das? Viele Fach- und Personalverantwortliche verlassen sich auf Faktoren, die nur bedingt etwas über die Passung aussagen: etwa die langjährige Berufserfahrung oder die gute Branchenkenntnis eines Bewerbers. Neben ihrer Intuition rühmen viel auch ihre gute Menschenkenntnis. Diese Vorgehensweise hat oft fatale Folgen in Form von suboptimalen Besetzungen bis hin zu glatten Fehlbesetzungen. Es werden Kandidaten eingestellt, weil sie auf den ersten Blick positiv wirken, sich dann aber als leistungsschwach oder wenig kompetent entpuppen. Es werden - erwiesenermaßen - gute Kandidaten abgelehnt, die sich im Bewerbungsprozess nicht gut verkauft haben oder deren Qualitäten auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind.
Letztere werden leider regelmäßig unterschätzt. Trotzdem wird der Einsatz eignungsdiagnostischer Verfahren bei der Personalauswahl gescheut: Viele verfügen nicht über die notwendigen Kenntnisse, das Selbstbewusstsein und/oder die Bereitschaft angemessene Verfahren in der Praxis anzuwenden.
Wie kann eine Cultural-Fit-Analyse funktionieren?
Um die Passung von Mensch und Kultur effektiv zu überprüfen, sollte sich das Unternehmen im Vorfeld gut überlegen, welche Anforderungen auf den zukünftigen Mitarbeiter zukommen und welche kulturellen Eigenheiten das Unternehmen hat beziehungsweise zukünftig haben will. Nun wird ein Soll-Profil erstellt: Welche konkreten Verhaltensweisen soll ein Mitarbeiter zeigen, der zu „unserer“ Kultur passt und welche spezifischen Stellenanforderungen muss er erfüllen können? Im nächsten Schritt werden die kennzeichnenden Verhaltensmuster der Kandidaten erfasst und anschließend mit dem Soll-Profil verglichen. Am einfachsten und schnellsten geht dies mit Tests zur Eignungsdiagnostik. Es sind natürlich auch Assessment Center und Praktika möglich. Bei diesem Vorgehen hat man noch einen weiteren Benefit. Da es den perfekten Kandidaten nicht gibt, muss man sich auf den neuen Mitarbeiter einstellen, der am besten passt, und ihn in die gewünschte Richtung weiterentwickeln. Da man den Kandidaten aber jetzt gut kennt und auch weiß was man will, ist die Entwicklung leicht zu managen.
Cultural-Fit-Analyse leicht gemacht
Für die Entscheidung, ob ein Kandidat zu der Kultur unseres Kunden passt setzen wir unseren CAPTain ein. So haben wir in ein bis zwei Stunden ein aussagekräftiges und auf das Arbeitsverhalten bezogenes Bild von dem Kandidaten. In dem Online-Test wird ein Anforderungsprofil, welches die Kultur des jeweiligen Unternehmens entspricht, eingegeben.
Mithilfe des CAPTain werden die typischen Muster des Arbeitsverhaltens eines Bewerbers erfasst und mit den gelebten Werten, typischen Verfahrensweisen und Ritualen des Unternehmens abgeglichen. Auf diese Weise wird sowohl der Grad der Passung von Kandidat und Job als auch der Grad der Passung von Mensch und Kultur gemessen.
Ein Vorteil, dass der Cultural Fit auf Verhaltensebene gemessen wird, liegt darin, dass auch unbewusste und nicht klar formulierte Werte erfasst werden, sofern sie verhaltenswirksam sind.
Entscheidend sind die Werte, die gelebt werden, nicht die, die nur formuliert werden!
Mithilfe des CAPTain-Tests wird nicht nur analysiert, ob das jeweilige Verhalten des Bewerbers den Stellenanforderungen und der Unternehmenskultur angemessen ist, sondern zusätzlich noch die „Selbstinterpretation“ eines Menschen erfasst. Damit können blinde Flecken aufgedeckt und die Selbstwahrnehmung des Kandidaten verbessert werden.
Das Diagnose-Tool CAPTain erfasst also die typischen Verhaltensweisen einer Person und vergleicht sie mit den kulturspezifischen Verhaltensanforderungen.
Cultural Fit Ergebnisse und ihr Nutzen bei der Personalentwicklung
Die Ergebnisse aus der Captain-Analyse dienen als aussagekräftige Basis für weitere Gespräche mit dem Bewerber und sichern die Auswahlentscheidung. Erfahrungsgemäß lässt sich der hundertprozentig passende Bewerber nicht finden. Hier kann die Personalentwicklung auf Grundlage der CAPTain-Ergebnisse konstruktiv ansetzen und den neuen Mitarbeiter entsprechend den (künftig) erwünschten kulturellen Werten fördern. Wichtig zu erwähnen ist es, das die Individualität eines Menschen wertgeschätzt werden sollte, auch weil ein gewisses Maß an Diversität in der Belegschaft die Unternehmenskultur bereichert.
Literatur
Cubiks (2013): Cubiks International Survey on Job and Cultural Fit. Guildford: Cubiks Ranger House.